11.09.2022

Die weltwichtigste Briefmarke. Rachel van Kooji

Jungbrunnen 2022. 336 Seiten
ISBN: 978-3-7026-5971-4
20,00 Euro

Im 1. Weltkrieg ist Belgien von den Deutschen besetzt. Der 12-jährige Thierry lebt nach dem Bombentod seiner Mutter bei seinem Großvater, der als Arzt zum Lazarettdienst verpflichtet ist. Aus Wut und Rachsucht schließt er sich einer Jungengruppe an, die einen Sabotageakt planen. Gemeinsam wollen sie einen Zug entgleisen lassen, in dem sie deutsche Soldaten vermuten. Zum Glück wird ihre Tat entdeckt und es geschieht kein Zugunglück. Doch die gesamte Gruppe wird von den Besatzungssoldaten enttarnt, gefasst und trotz ihrer Jugend ins Gefängnis gesteckt. Nur Thierry kommt durch die Hilfe seines Großvaters frei und wird sofort zu seiner Großtante ins weit entfernte Geel nahe der holländischen Grenze geschickt. Dort ist er nicht willkommen und ist froh als er die freundliche Familie seiner Freundin Elsie trifft. Mit der Familie lebt auch der behinderte Albert; denn es ist hier üblich so einen Gast in der Familie aufzunehmen. Der kann kleine Kunstwerke in Briefmarkengröße herstellen. Obwohl er nach der Beschlagnahmung von Wohn- und Schlafzimmer durch die deutschen Offiziere sich dort nicht mehr aufhalten darf, erwischt er einen unbeobachteten Moment, um wie immer am Wohnzimmertisch seine Briefmarken zu gestalten. Das bringt ihn in höchste Lebensgefahr und deshalb wollen Thierry und Elsie ihn in die neutralen Niederlande bringen. Aber die Grenze wird durch Soldaten und den elektrische „Todesdraht“ gesichert. Es gelingt den Dreien schließlich den Soldaten außer Gefecht zu setzen und durch einen glücklichen Umstand auch den Drahtzaun zu überwinden. In Sicherheit beginnt Albert wieder mit seiner Lieblingsbeschäftigung: dem Briefmarkenzeichnen. Als Thierry und Elsie dieses Werk ansehen sind sie erstaunt; denn es ist nicht der k.o.-Schlag gegen den deutschen Soldaten, sondern der Drahtzaun, durch den hindurch sich Albert und der deutsche Soldat die Hände reichen

Diese spannend erzählte Geschichte macht nachdrücklich deutlich, dass Rache und Wut schlechte Ratgeber sind. Denn auch Thierry wird klar, dass sie nicht die 12 verwegensten Jungen Belgiens gewesen sind, sondern einfach bei ihrem Vorhaben nicht weit genug gedacht hatten. Ohne erhobenen Zeigefinger wird deutlich, dass es auch in Kriegszeiten Menschlichkeit geben kann. Mit diesem überraschend versöhnlichen Schluss ist der Autorin eine wirklich gute Friedensgeschichte in Zeiten des Krieges gelungen. Ich würde mir wünschen, dass dieser gelungene Jugendroman Schullektüre wird so wie seiner Zeit „Die Wolke“ von Gudrun Pausewang. Allen Büchereien sehr empfohlen.

Ju2, ab 10 Jahren

Ursula Neumann

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