Grußwort des Präses

Die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Büchereien im Rheinland feierte im Jahr 2022 ihren 70. Geburtstag. Dazu gratuliere ich im Namen der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland und auch persönlich sehr herzlich und wünsche Ihnen Gottes Segen für Ihre wichtige Arbeit.

Die Büchereien der Evangelischen Kirche im Rheinland sind Orte, an denen der große Schatz unserer biblischen Tradition gepflegt und ein Teil unseres kulturellen Erbes bewahrt werden. Die evangelischen Büchereien bereichern – gerade auch durch eine Vielzahl von Veranstaltungen – das kulturelle Angebot in den Gemeinden, Dörfern und Stadtteilen. Sie sind darüber hinaus Orte der Begegnung von Menschen verschiedensten Alters. Wer eine Bücherei betritt, trifft dort auf andere Ideen, fremde Lebenswelt und Gedanken. „Achtung: Lesen gefährdet Ihre Dummheit!“ sollte daher über Bücherei stehen. Oder wie es Albert Einstein ausgedrückt hat: „Das einzige, was Sie unbedingt wissen müssen, ist der Standort einer Bibliothek.“

Gerade für uns als evangelische Kirche ist das Lesen von zentraler Bedeutung: weil Glauben und Denken immer zusammengehören, weil jede Christin, jeder Christ seine/ihre Bibel verstehen können soll, weil sich im Lesen guter Bücher eine innere Einkehr bei sich selbst, bei Gott und beim Mitmenschen vollziehen kann.

Der evangelische Glaube ist daher von jeher eng mit seinen Büchern und Schriften, wie auch mit der Kunst des Lesens verwoben. Die Reformation nahm ihren Anfang mit einem Lektüre-Erlebnis Martin Luthers, als sich ihm beim wiederholten Lesen des Römerbriefs der Zusammenhang der Wörter und damit der Himmel neu erschloss.

Lesen ist ein Zugang zu einer anderen Wirklichkeit. Biblisch, geistlich gesprochen: „Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene“ (Röm 12,2). Das ist eine Erfahrung, die Menschen beim Lesen immer wieder gemacht haben: frei zu werden von der eindimensionalen Plattheit des Lebens, davon, dass „die Welt so ist, wie sie ist.“ Und frei zu werden, Gott, sich selbst, die anderen neu zu verstehen.

Mein großer Dank gilt daher den vielen Ehrenamtlichen, die in den Büchereien unserer evangelischen Kirche arbeiten. Sie öffnen mit ebenso viel Fantasie wie Engagement die Türen zur Welt der Bücher und begeistern Menschen für das Lesen und Vorlesen. Damit leisten Sie einen großen Beitrag zum Bildungsauftrag unserer Kirche und zum Wohle unserer Gesellschaft. Herzlichen Dank dafür!

Daher lade ich zugleich herzlich ein: Nehmen Sie, lesen Sie und lesen Sie andern vor.

Nimm und lies!
Werde eine Lesende, ein Lesender!
Die Welt muss nicht so sein, wie sie ist.
Trau nicht der Banalität Deines Alltags.
Unterbrich Dich selbst, Deine hektische Betriebsamkeit,
die finsteren Stimmen in Dir.

Nimm und lies!
Werde eine Lesende, ein Lesender!
Die alten Geschichten vom immer neuen Anfang.
„Die Zeit ist reif. Gott ist nah.
Ändere Deinen Sinn. Glaub der guten Botschaft.“

Nimm und lies!
Werde eine Lesende, ein Lesender!
Sei frei: von der Welt – für die Welt.
Und entdecke neu die anderen, Gott, Dich selbst.

Herzlich, Ihr
Präses Dr. Thorsten Latzel